Der Einfluss von viszeralem Fett auf verschiedene Herzerkrankungen

Übergewicht erhöht das Risiko für Herzkrankheiten in verschiedener Weise. Zum einen ist das Herz durch die Körperfülle grundsätzlich stärker belastet und zum anderen können Begleiterkrankungen wie erhöhtes Cholesterin oder Diabetes Typ 2 die Gefäße und den Herzmuskel schädigen. Besonders Fett, das sich direkt am Herzen anlagert (ektopisches Fett), erhöht das Risiko für Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt oder Herzinsuffizienz. Neben ärztlicher Betreuung und frühzeitiger Behandlung von Risikofaktoren schützt Abnehmen die Herzgesundheit am effektivsten. Für die Reduktion von viszeralem Fett (Fettgewebe in der freien Bauchhöhle) und ektopischem Fett können Lebensstiländerungen genauso effektiv sein wie Medikamente.
Rund 70 Mal pro Minute schlägt das Herz – 24 Stunden am Tag, vom ersten Atemzug bis zum letzten. Das Herz ist ein Muskel im Dauereinsatz. Als zentrales Organ des Blutkreislaufs pumpt es pro Minute etwa 4–6 Liter Blut. Medizinisch gesehen ist das Herz ein muskuläres Hohlorgan, das wie eine Druck- und Saugpumpe funktioniert. Es saugt sauerstoffarmes Blut an und pumpt es durch die Lunge, wo es wieder mit Sauerstoff angereichert wird. Damit es diese Funktion erfüllen kann, sollte der Herzmuskel möglichst elastisch und die Blutbahnen frei sein.
Wie jeder Muskel reagiert auch das Herz auf körperliche Belastung. Es schlägt schneller, wenn wir uns bewegen, und es kann Schaden nehmen, wenn es durch innere oder äußere Faktoren zu sehr beansprucht wird. Ein solcher Faktor ist Übergewicht. Denn mehr Körpermasse bedeutet für das Herz, dass es mehr Blut durch den Körper pumpen muss, um das Mehr an Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Anders gesagt: Es muss häufiger und mit mehr Kraft schlagen.
Gleichzeitig ist das Fettgewebe eine kontinuierliche Entzündungsquelle. Denn Fett ist ein aktives Gewebe, das Entzündungsstoffe, sogenannte Adipozytokine, in die Umgebung ausschüttet. Besonders gefährlich für die Herzgesundheit ist das sogenannte viszerale Fett, also das Fett, das die inneren Organe direkt umgibt. Fett am Herzen (ektopisches Fett) gibt Entzündungsstoffe direkt in den Herzmuskel ab. Als Folge daraus verhärten sich die Gefäße. Übergewicht wirkt sich zudem auf den Stoffwechsel aus und kann die Insulinresistenz und den Cholesterinspiegel erhöhen. Das vermehrte Cholesterin kann sich in den Blutgefäßen ablagern (Atherosklerose), was das Risiko für Blutgerinnsel erhöht.
Höhere Pumpleistung, Entzündungsstoffe aus dem Fettgewebe, Verhärtung der Blutgefäße – alle Faktoren zusammen führen dazu, dass übergewichtige Menschen häufiger von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und chronischen Herzerkrankungen (koronare Herzkrankheit KHK) betroffen sind. Wie die Amerikanische Herzgesellschaft (American Heart Association) 2021 feststellte, steigt allein durch starkes Übergewicht (Adipositas) die Gefahr, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln – auch wenn es sonst keine anderen Risikofaktoren gibt. Entscheidend ist dabei aber nicht das Gesamtgewicht, sondern die Fettverteilung im Körper. Je mehr Fett sich um die inneren Organe und das Herz findet, desto höher das Risiko. Das heißt auch: Der Body-Mass-Index (BMI) ist als Messgröße nur bedingt geeignet, das Risiko für Herzerkrankungen zu bewerten.
Um alle Körperzellen mit Blut zu versorgen, muss das Herz häufiger und stärker pumpen. Dies kann dazu führen, dass sich das Blutvolumen, also die Gesamtmenge an Blut im Körper, erhöht. Um die größere Blutmenge zu bewegen, schlägt das Herz schneller, was zu einem erhöhten Puls führt. Als typisch für gesunde Erwachsene in einer Ruhesituation gelten 60–80 Schläge pro Minute. Bei übergewichtigen Menschen kann der Puls deutlich erhöht sein. Als gesundheitlich bedenklich schätzen Mediziner:innen einen Ruhepuls von über 100 ein. Die Folgen eines andauernd hohen Pulses sind Bluthochdruck sowie eine Vergrößerung und frühzeitige Erschöpfung des Herzmuskels.
Das Herz pumpt nicht nur Blut, es erzeugt auch elektrische Impulse, die den Takt für den Herzschlag vorgeben. Dieser Takt wird zum Beispiel bei einem EKG (Elektrokardiogramm) gemessen. Wenn dieses System gestört ist, kommt es zu Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien). Eine der häufigsten ist das Vorhofflimmern. Dabei werden in den Vorhöfen des Herzens und um sie herum unkontrollierte elektrische Impulse ausgelöst. Die Vorhofwände ziehen sich dann nicht richtig zusammen und können nicht mehr helfen, Blut zu pumpen. Dadurch sinkt die Pumpleistung des Herzens und gleichzeitig steigt das Risiko für Blutgerinnsel, wenn das vorübergehend gestaute Blut in den Vorhöfen plötzlich weitertransportiert wird.
Fettansammlungen am Herzen können die normale elektrische Weiterleitung beeinträchtigen und Arrhythmien wie Herzstolpern (Extrasystolen) oder kreisende Erregung (Reentry-Mechanismus) auslösen. Bei einer kreisenden Erregung wird ein elektrischer Impuls nicht richtig weitergeleitet, sondern kehrt immer wieder an den Ursprungsort zurück.
Arrhythmien kommen häufiger vor und sind nicht – wie ein Herzinfarkt – akut lebensbedrohlich, in Kombination mit starkem Übergewicht sind sie aber ein wichtiges Warnzeichen für eine Belastung des Herzens. Laut der American Heart Society steigert jede Erhöhung des BMI um 5 Punkte das Risiko für Vorhofflimmern um 29 Prozent.
Ein Herzinfarkt ist die Folge einer Blockade eines oder mehrerer Herzkranzgefäße durch Blutgerinnsel. Diese entstehen, wenn Ablagerungen an den Wänden der Blutgefäße (Plaques) sich losreißen und mit dem Blut durch die Gefäße transportiert werden und diese verstopfen. Hält diese Verstopfung länger an, können Teile des Herzmuskels absterben. Plaques entstehen durch Ansammlungen von Cholesterin und anderen fetthaltigen Substanzen in den Gefäßen (Atherosklerose). Der Herzinfarkt ist die schwerste Form einer koronaren Herzkrankheit. Eine weitere Äußerung der koronaren Herzkrankheit ist die Angina pectoris (Brustenge).
Typische Symptome sind Schmerzen in der Brust, die in den linken Arm ausstrahlen, wobei diese bei vielen Menschen und vor allem bei Frauen nicht immer auftreten. Oftmals verursacht der Herzinfarkt Schmerzen im Rücken oder Oberbauch, Schwitzen, Ohnmachtsgefühle oder Atemlosigkeit. In manchen Fällen verspüren die Betroffenen keine Symptome und bemerken einen Herzinfarkt gar nicht. Man spricht dann von einem stummen Herzinfarkt. Menschen mit Diabetes haben ein höheres Risiko für einen stummen Herzinfarkt, da sie aufgrund der durch Diabetes verursachten Nervenschädigungen, häufig weniger Schmerzen empfinden.
Da Übergewicht häufig mit erhöhten Cholesterinwerten einhergeht und Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Insulinresistenz oder Fettstoffwechselstörungen Ablagerungen und Entzündungen in den Gefäßen fördern, haben übergewichtige Menschen ein höheres Risiko, Plaques zu bilden und in Folge einer Blockade durch Plaques einen Herzinfarkt zu erleiden.
Der Begriff Herzinsuffizienz ist komplex und beschreibt viele Ursachen, Aspekte, Krankheitsformen und Folgen. Vereinfacht gesagt ist die Herzinsuffizienz eine Schwäche des Herzens. Das Herz kann nicht mehr genug Blut in den Körper pumpen, um ihn ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Medizinisch gesprochen steht die Herzinsuffizienz am Ende eines Krankheitsweges (klinisches Endstadium), dem verschiedene Herzerkrankungen wie eine koronare Herzkrankheit oder ein Herzinfarkt vorausgegangen sind. Neben vielen anderen Symptomen sind typisch eine schnelle Ermüdung in Armen und Beinen oder Atemnot bei körperlicher Belastung. Im fortgeschrittenen Stadium tritt die Atemnot auch im Ruhezustand auf.
Man unterscheidet unter anderem zwischen systolischer (betrifft die Kontraktionsphase des Herzens) und diastolischer (betrifft die Erschlaffungsphase des Herzens) Herzinsuffizienz. Bei einer systolischen Herzinsuffizienz kann sich das Herz nicht mehr richtig zusammenziehen und das Blut, das in das Herz einströmt, nicht mehr vollständig wieder abpumpen. Dadurch erhält der Körper weniger Blut. Bei einer diastolischen Herzinsuffizienz versteift sich der Herzmuskel. Das Herz kann sich nicht mehr ausreichend dehnen, um Blut aufzunehmen. In der Folge bleibt das Blut im Herzvorhof und in den Blutgefäßen der Lunge zurück, was zu einer Blutstauung führt. Dadurch erhält der Körper wiederum weniger Blut.
Ein entscheidender Risikofaktor für eine Herzinsuffizienz ist Übergewicht, da die überzähligen Pfunde das Herz in verschiedener Weise belasten. Vor allem, wenn durch das Übergewicht Fettablagerungen rund um die inneren Organe und das Herz entstehen und Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Atherosklerose oder eine koronare Herzkrankheit nicht entsprechend behandelt werden.
Es gibt bei Herzerkrankungen leider nicht immer ein klares Symptom, an dem man sie frühzeitig erkennen kann. Ein stummer Herzinfarkt zum Beispiel kann gänzlich unbemerkt bleiben. Wichtig ist daher, dass Menschen mit erhöhtem Risiko, sich frühzeitig und regelmäßig ärztlich untersuchen lassen. Es ist immer einfacher, erste Risikofaktoren wie Insulinresistenz oder einen erhöhten Cholesterinspiegel frühzeitig zu behandeln, als spätere Auswirkungen wie einen Typ-2-Diabetes oder eine koronare Herzkrankheit zu therapieren. Dein Arzt oder Deine Ärztin kann die Medikation und Therapie auf Deine individuelle Situation anpassen.
Bei starkem Übergewicht ist Abnehmen das Beste, das Du für Deine Herzgesundheit tun kannst. Und zwar vor allem viszerales Fett und Bauchfett. Die American Heart Society fasst die aktuelle Studienlage so zusammen:
Wichtig für die Herzgesundheit scheint zu sein, dass sich das Gewicht kontinuierlich und moderat verändert. Eine Kohortenstudie mit 157 410 Teilnehmenden2 kam zu dem Ergebnis, dass eine starke Schwankung des BMI mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht.
Um abzunehmen, musst Du insgesamt weniger Energie aufnehmen, als Dein Körper verbraucht. Die Grundlage für ein langfristiges Kaloriendefizit ist eine angepasste, ausgewogene Ernährung. Ergänzend können körperliche Aktivität, gezielte Verhaltensänderungen und – falls geeignet – eine medikamentöse Unterstützung durch moderne Inkretin-basierte Medikamente (z. B. GLP-1-Rezeptor-Agonisten oder duale GLP-1-/GIP-Rezeptor-Agonisten) den Gewichtsverlust unterstützen und die Gesundheit fördern.
Verschiedene Studien3,4 attestieren Semaglutid eine Präventivwirkung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das heißt, der Wirkstoff kann das Risiko für lebensbedrohliche Zustände (Schlaganfall, Herzinfarkt) bei Menschen mit Übergewicht und bei Menschen mit bereits bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken. In den USA ist das Arzneimittel seit März 2024 für diese Anwendung bereits von der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA (Food & Drug Administration) zugelassen.
Vor allem eine ausgewogene Ernährung und Bewegung sind Faktoren, die Du selbst beeinflussen kannst. Für eine Gewichtsabnahme gilt immer: Ein langfristiges Kaloriendefizit ist entscheidend. Hilfreich können folgende Ansätze sein:
Adipositas (starkes Übergewicht) fördert Entzündungen und Ablagerungen von Cholesterin und Fetten in den Gefäßen. Gleichzeitig muss das Herz mehr und stärker arbeiten, um alle Zellen in einem großen Körper mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Diese andauernde Überlastung, kombiniert mit geschädigten Gefäßen, führt dazu, dass die Herzgesundheit bei übergewichtigen Menschen stärker gefährdet ist.
Zu den häufigeren Herzerkrankungen gehören Herzrhythmusstörungen, z. B. Vorhofflimmern, koronare Herzkrankheiten wie Angina pectoris, Herzinfarkt und die aus verschiedenen Herzerkrankungen resultierende Herzinsuffizienz.
Für die Herzgesundheit ist vor allem der Anteil an Fett, das die inneren Organe (viszerales Fett) und das Herz selbst (ektopisches Fett) umgibt, relevant. Auch Menschen mit einem BMI im Normalbereich können ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen haben. Grundsätzlich aber kann man sagen, dass Übergewicht allein bereits ein Risikofaktor ist.
Herzerkrankungen können sich je nach Erkrankung auf sehr verschiedene Weise zeigen. Ein hoher Ruhepuls, schnelle körperliche Erschöpfung oder Kurzatmigkeit können Anzeichen sein. Allerdings gibt es zum Beispiel auch stumme Herzinfarkte, die die Betroffenen gar nicht bemerken. Eine regelmäßige ärztliche Untersuchung ist daher bei Übergewicht angeraten.
Eine Gewichtsreduktion ist für die Gesundheit und das Herz immer sinnvoll. Vor allem vorbeugend kann eine Gewichtsreduktion helfen, schwereren Herzkrankheiten entgegenzuwirken. Bei einer bereits bestehenden Herzinsuffizienz hilft eine Gewichtsreduktion, Symptome und Lebensqualität zu verbessern. Wichtig scheint jedoch zu sein, dass das Gewicht kontinuierlich und allmählich verändert wird, da starke Gewichtsschwankungen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wiederum erhöhen können.
Wichtig sind ein genaues Erfassen der Fettverteilung im Körper durch moderne Verfahren (Computertomografie, Positronen-Emissions-Tomografie (PET)), die Therapie von Risikofaktoren wie hohem Blutdruck oder hohem Cholesterinspiegel sowie eine der jeweiligen Herzerkrankung angepasste Therapie zur Gewichtsreduktion mit gesunder Ernährung, Bewegung, Verhaltenstherapie und, wo angemessen, einer Unterstützung durch moderne Medikamente wie Inkretin-basierte Therapien.