Adipositas-Behandlung: Wege zur nachhaltigen Gewichtsreduktion

Individuelle Therapieansätze für langfristigen Erfolg

Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die weitreichende gesundheitliche Folgen haben kann. Sie erhöht das Risiko für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Belastungen. Eine frühzeitige Adipositas-Behandlung ist essenziell, um diese Risiken zu minimieren und die Lebensqualität zu verbessern. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über verschiedene Therapieansätze, digitale Unterstützungsmöglichkeiten sowie Präventionsmaßnahmen.

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Das Wichtigste in Kürze
  • Eine Adipositas-Therapie kombiniert Ernährung, Bewegung und Verhaltenstherapie für eine langfristige Gewichtsreduktion.
  • Medikamente oder chirurgische Eingriffe sind nur bei schwerer Adipositas oder mit Begleiterkrankungen eine Option.
  • Prävention und digitale Gesundheitslösungen spielen eine immer wichtigere Rolle bei der Behandlung von Adipositas.

Was ist Adipositas und warum ist eine Behandlung wichtig?

Adipositas wird nach dem sogenannten Body-Mass-Index (BMI) definiert. Neben einem BMI von 30 kg/m² oder höher werden auch der Taillenumfang und Begleiterkrankungen zur Diagnose herangezogen. Eine stammbetonte Fettverteilung (viel Fett im Bauchraum; Taillenumfang ≥ 102 cm bei Männern, ≥ 88 cm bei Frauen) erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und Gelenkprobleme.

Ohne eine frühzeitige Adipositas-Behandlung steigt das Risiko für metabolische Erkrankungen, eingeschränkte Mobilität und psychische Belastungen. Studien1 zeigen, dass eine unbehandelte Adipositas die Lebenserwartung verkürzt. Eine gezielte Adipositas-Therapie kann helfen, das Fortschreiten dieser Erkrankungen zu verhindern, Schmerzen zu reduzieren und die körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Zudem kann eine erfolgreiche Behandlung das Selbstwertgefühl und die allgemeine Lebensqualität verbessern.

Therapieansätze: Welche Adipositas-Therapie ist die richtige?

Die Behandlung bei Adipositas erfolgt multimodal, das heißt, verschiedene Therapiebausteine werden kombiniert, um eine langfristige Gewichtsreduktion zu erzielen.

Lebensstilveränderung als Basis der Adipositas-Therapie

Die Grundlage jeder Adipositas-Behandlung ist die langfristige Anpassung des Lebensstils für eine nachhaltige Gewichtsreduktion. Laut der S3-Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG)1 umfasst die Basistherapie folgende Elemente:

  • Ernährungstherapie: Um das Körpergewicht zu senken, sollte ein tägliches Energiedefizit von etwa 500 Kalorien angestrebt werden. Damit ist ein Gewichtsverlust von einem halben Kilo pro Woche möglich. Es ist wichtig, auf eine ausgewogene Ernährung zu setzen, die langfristig umsetzbar ist und den Körper optimal mit allen Nährstoffen versorgt. Denn um den Erfolg einer Gewichtsabnahme zu erhalten, ist eine dauerhafte Änderung der Essgewohnheiten entscheidend. Das bedeutet, nicht nur vorübergehend weniger Kalorien zu essen. Extrem einseitige Crash-Diäten zum schnellen Abnehmen werden nicht empfohlen.
  • Bewegungstherapie: Erwachsene sollten laut WHO2 pro Woche 150-300 Minuten moderat oder 75-150 Minuten intensiv trainieren. Eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining ist besonders effektiv, um Muskelmasse zu erhalten und den Energieverbrauch zu steigern. Eine individuelle Anpassung an das Fitnesslevel und eventuelle gesundheitliche Einschränkungen müssen berücksichtigt werden. Wichtig ist, sich realistische Ziele für die Bewegung im Alltag (z. B. Treppensteigen, Radfahren, Gehen) und in der Freizeit zu setzen.
  • Verhaltenstherapie: Strategien zur Selbstbeobachtung, Rückfallprophylaxe und psychologische Unterstützung bei emotionalem Essen sind wichtig für nachhaltige Erfolge. Dies kann durch Ernährungstagebücher oder gezielte verhaltenstherapeutische Maßnahmen unterstützt werden. Eine Studie3 zeigt, dass Menschen mit Übergewicht oder Adipositas von psychologischen Interventionen zur Gewichtsreduktion besonders profitieren, wenn sie mit Maßnahmen zur langfristigen Änderung des Ess- und Bewegungsverhaltens kombiniert werden.
Digitale Behandlungsmöglichkeiten in der Adipositas-Therapie

Digitale Technologien spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der Behandlung von Adipositas. Die DAG1 (Deutsche Adipositas Gesellschaft) empfiehlt den Einsatz von digitalen Gesundheitsanwendungen zur Unterstützung der Patientenbetreuung:

  • Gesundheits-Apps: Helfen dabei, das Ernährungsverhalten zu dokumentieren, Bewegungsziele zu setzen und die Motivation zu steigern.

  • Online-Coachings: Programme zur Ernährungs- und Bewegungstherapie können digital durchgeführt werden und ermöglichen eine flexible Betreuung.

  • Telemedizinische Beratung: Ärztliche Konsultationen und psychologische Unterstützung können ortsunabhängig per Videogespräch erfolgen und so den Zugang zu spezialisierten Fachkräften erleichtern.

Medikamentöse Adipositas-Behandlung: Wann ist sie sinnvoll?

Wenn durch eine Änderung des Lebensstils keine ausreichende Gewichtsabnahme erreicht werden kann, können Medikamente zur Unterstützung der Adipositas-Therapie eingesetzt werden. Ein Kriterium ist, dass solche Medikamente nur bei einem BMI ≥ 30 kg/m² oder BMI ≥ 27 kg/m² mit Begleiterkrankungen eingesetzt werden. Außerdem müssen sie immer mit einer Ernährungs- und Bewegungstherapie kombiniert werden. Zudem ist eine ärztliche Begleitung notwendig, um Nutzen und Risiken individuell abzuwägen.

  • GLP-1-Analoga (z. B. Semaglutid, Liraglutid): Verzögern die Magenentleerung und verstärken das Sättigungsgefühl. Dieser Effekt trägt – zusammen mit der Beeinflussung des Hunger- und Sättigungszentrums im Gehirn – dazu bei, die Kalorienaufnahme zu reduzieren.
  • Orlistat: Hemmt das Enzym Lipase, das Nahrungsfette spaltet, sodass ein Teil der aufgenommenen Fette unverdaut ausgeschieden wird. Dadurch verringert sich die Kalorienaufnahme.
  • Naltrexon/Bupropion: Beeinflussen das Hunger- und Sättigungszentrum sowie das Belohnungssystem im Gehirn. Sie können den Appetit reduzieren und das Verlangen nach Essen verringer.

Chirurgische Behandlung von Adipositas: Welche Optionen gibt es?

Eine chirurgische Behandlung wird nur bei schwerer Adipositas (BMI ≥ 40 oder BMI ≥ 35 mit Begleiterkrankungen) empfohlen, wenn konservative Methoden nicht erfolgreich waren. Die Entscheidung für eine Operation sollte immer gemeinsam mit Fachärztinnen und Fachärzten getroffen und langfristig begleitet werden, um beispielsweise Mangelernährung und Gewichtszunahme zu vermeiden. Zu den häufigsten Verfahren gehören:

  • Schlauchmagen (Sleeve-Gastrektomie): Eine Verkleinerung des Magens, wodurch weniger Nahrung aufgenommen werden kann. Außerdem sinkt die Produktion des Hungerhormons Ghrelin, was das Hungergefühl reduziert.
  • Magenbypass: Der Magen wird verkleinert und ein Teil des Dünndarms umgangen. Dadurch wird die Nahrungs- und Kalorienaufnahme reduziert.

Kosten und Kostenübernahme der Adipositas-Behandlung

Die Kostenübernahme einer Adipositas-Therapie durch die Krankenkassen ist nicht einheitlich geregelt und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich gilt Adipositas in Deutschland nicht als eigenständige Grundleistung der gesetzlichen und privaten Krankenkassen. Dennoch gibt es unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer Kostenübernahme.

Voraussetzungen für die Kostenübernahme

Ob eine Krankenkasse die Behandlungskosten übernimmt, hängt maßgeblich von folgenden Kriterien ab:

  • Schweregrad der Adipositas: Die Adipositas-Therapie wird insbesondere bei einem BMI ≥ 35 kg/m² mit Begleiterkrankungen oder ab einem BMI ≥ 40 kg/m² finanziert.
  • Begleiterkrankungen: Bestehen bereits gesundheitliche Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 oder Bluthochdruck, steigen die Chancen auf eine Kostenübernahme.
  • Erfolg früherer konservativer Maßnahmen: Vor der Genehmigung einer weitergehenden Therapie (z. B. bariatrische Operation) muss nachgewiesen werden, dass eine multimodale konservative Behandlung über mindestens 6 Monate erfolglos durchgeführt wurde. Diese umfasst:
    • Ernährungsberatung
    • Bewegungstherapie
    • Verhaltenstherapie
  • Ausschluss anderer Ursachen: Vor der Bewilligung muss ausgeschlossen werden, dass eine andere behandelbare Erkrankung (z. B. hormonelle Störungen) die Adipositas verursacht.

Welche Kosten werden übernommen?

Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen erfolgt individuell auf Antrag und kann je nach Kasse unterschiedlich ausfallen:

  • Ernährungsberatung: In vielen Fällen werden anteilige Kosten für zertifizierte Ernährungsberatungen erstattet.
  • Bewegungstherapie: Einige Krankenkassen fördern Bewegungskurse oder übernehmen teilweise die Kosten für Rehabilitationsmaßnahmen.
  • Medikamentöse Therapie: Abnehmspritzen (z. B. Inkretin-basierte Therapien) werden derzeit nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet.
  • Bariatrische Chirurgie: Operationen wie der Magenbypass oder die Schlauchmagen-OP werden unter den oben genannten Voraussetzungen übernommen, wenn eine konservative Therapie nicht erfolgreich war.

Prävention und Gesundheitsförderung zur frühzeitigen Behandlung von Adipositas

Neben der individuellen Behandlung bei Adipositas gewinnt die Prävention zunehmend an Bedeutung. Das Ziel ist es, gesundheitliche und gesellschaftliche Folgen von Übergewicht zu vermeiden. Solche Maßnahmen sollten bereits in jungen Jahren beginnen.

Es gibt 2 Hauptansätze:

  • Verhaltensprävention: Durch Aufklärung und Bildung gesundheitsbewusstes Verhalten fördern, z. B. mit Ernährungsprogrammen in Kitas und Schulen.
  • Verhältnisprävention: Lebensbedingungen so gestalten, dass gesunde Entscheidungen leichter fallen, etwa durch gesunde Essensangebote in öffentlichen Einrichtungen oder fahrradfreundliche Städte.

Hier sind einige Tipps, die im Alltag helfen können:

  • Mehr Ballaststoffe essen (z. B. Obst, Gemüse, Vollkornprodukte)
  • Wenig zuckerhaltige, stark verarbeitete (und energiedichte) Lebensmittel verzehren
  • Weniger alkoholische Getränke konsumieren
  • Regelmäßige Bewegung (am besten etwas, das Dir Spaß macht)
  • Stressfaktoren minimieren, um emotionales Essen zu vermeiden
  • Auf ausreichend Schlaf achten (mindestens 7-9 Stunden pro Nacht)
Zusammenfassung

Adipositas ist eine ernsthafte Erkrankung, die das Risiko für zahlreiche Folgeerkrankungen erhöht. Eine frühzeitige und individuell angepasste Adipositas-Behandlung kann helfen, das Gewicht langfristig zu reduzieren und die Gesundheit zu verbessern. Dabei stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung – von Ernährungs- und Bewegungstherapie über digitale Gesundheitslösungen bis hin zu medikamentösen oder chirurgischen Maßnahmen. Neben der individuellen Behandlung sind auch präventive Maßnahmen entscheidend, um das Risiko für Adipositas zu senken. Wer Unterstützung sucht, sollte sich frühzeitig über die verschiedenen Möglichkeiten z. B. bei der Hausärztin oder dem Hausarzt informieren.

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Häufige Fragen

Eine medizinische Behandlung kann notwendig werden, wenn Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m²) besteht, damit gesundheitliche Risiken oder Begleiterkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten, und durch eine Änderung des Lebensstils keine ausreichende Gewichtsabnahme erreicht werden konnte. Wenn bei eine BMI ≥ 27 kg/m² bereits Begleiterkrankungen bestehen, kann auch hier eine medizinische Behandlung eingesetzt werden. Insbesondere bei schwerer Adipositas (BMI ≥ 40 oder BMI ≥ 35 mit Begleiterkrankungen) kann zusätzlich zu Ernährungs- und Bewegungstherapien auch ein chirurgischer Eingriffe in Betracht gezogen werden.

Die Ernährung ist eine zentrale Säule der Adipositas-Behandlung. Ziel ist es, ein Energiedefizit von etwa 500 Kalorien pro Tag zu erreichen, um eine langsame, aber nachhaltige Gewichtsreduktion zu ermöglichen. Wichtig ist eine langfristig umsetzbare Ernährungsweise, die den Körper mit allen essenziellen Nährstoffen versorgt. Crash-Diäten werden nicht empfohlen, da sie meist keine dauerhaften Erfolge bringen.

Bei Adipositas helfen vor allem Ausdauer- und Krafttraining. Regelmäßige gelenkschonende Bewegung wie Gehen, Radfahren oder Schwimmen unterstützt die Gewichtsreduktion, während Krafttraining den Muskelaufbau fördert. Wichtig ist eine langfristige Integration der Bewegungstherapie in den Alltag, angepasst an die individuellen Möglichkeiten.

Ja, es gibt Medikamente zur Behandlung von Adipositas, die das Sättigungsgefühl fördern oder die Fettaufnahme verringern. Dazu gehören Inkretin-basierte Therapien (z. B. Semaglutid, Liraglutid oder Tirzepatid), Orlistat und Naltrexon / Bupropion. Eine medikamentöse Therapie sollte immer mit Ernährungs- und Bewegungstherapie kombiniert werden.

Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für bestimmte Adipositas-Behandlungen, aber nicht alle. Ernährungs- und Bewegungstherapien werden oft nur teilweise erstattet. Medikamente sind in Deutschland meist keine Kassenleistung, außer in Einzelfällen. Chirurgische Eingriffe wie ein Magenbypass werden bei einem BMI ab 40 kg/m² oder ab 35 kg/m² mit schweren Begleiterkrankungen übernommen, wenn andere Maßnahmen erfolglos waren und ein Arzt die Notwendigkeit bestätigt.

Psychologische Betreuung kann helfen, emotionale Essgewohnheiten zu erkennen, Essverhalten zu verändern und die Motivation für eine gesunde Lebensweise zu stärken. Besonders wirksam sind verhaltens- und kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze, um langfristig gesunde Routinen zu entwickeln.

  1. Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) e.V. (Oktober 2024). S3-Leitlinie Adipositas - Prävention und Therapie. Version 5.0. Abgerufen am 20. März 2025, von: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/050-001
  2. Bull, F. C., Al-Ansari, S. S., Biddle, S., Borodulin, K., Buman, M. P., Cardon, G., Carty, C., … Willumsen, J. F. (2020). World Health Organization 2020 guidelines on physical activity and sedentary behaviour. British journal of sports medicine, 54(24), 1451–1462. https://doi.org/10.1136/bjsports-2020-102955
  3. Shaw, K., O'Rourke, P., Del Mar, C., & Kenardy, J. (2005). Psychological interventions for overweight or obesity. The Cochrane database of systematic reviews, (2), CD003818. https://doi.org/10.1002/14651858.CD003818.pub2
  4. Morris, E., et al., Effect of weight loss on cardiometabolic risk: observational analysis of two randomised controlled trials of community weight-loss programmes. The British journal of general practice : the journal of the Royal College of General Practitioners, 2021. 71(705): p. E312-e319.
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  6. Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (Februar 2018). S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen. Version 2.3. Abgerufen am 20. März 2025, von: https://register.awmf.org/assets/guidelines/088-001l_S3_Chirurgie-Adipositas-metabolische-Erkrankugen_2018-02-abgelaufen.pdf
  7. Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) e.V. (Oktober 2024). S3-Leitlinie Adipositas - Prävention und Therapie. Version 5.0. Abgerufen am 27. März 2025, von: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/050-001
  8. Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) e.V. (Oktober 2022). Versorgungslücke Adipositas – Expert:innen fordern mehr Hilfe für Betroffene. Abgerufen am 27. März 2025, von: https://adipositas-gesellschaft.de/versorgungsluecke-adipositas-expertinnen-fordern-mehr-hilfen-fuer-betroffene-adipositas-kongress-2022-in-muenchen-gestartet/
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